Eine kleine Geschichte vorweg
Zwei Kinder streiten sich in der Weihnachtszeit heftig um eine Orange. Die Mutter kommt dazu und will, dass sich die Kinder vertragen. Würde sie die Orange teilen, wären beide Kinder unzufrieden, da beide Kinder jeweils die ganze Orange haben wollten (lose-lose). Zur gleichen Unzufriedenheit kämen die Kinder, wenn die Mutter die Orange wegnehmen würde (lose-lose). Gibt sie einem Kind die Orange, wäre das jeweils andere Kind unglücklich (win-lose). Die Mutter ist zufällig Mediatorin und fragt daher die Kinder nacheinander, warum es ihnen wichtig ist, die Orange zu bekommen. Der Junge sagt, ich will mir die Orange pressen, weil ich Durst habe. Das Mädchen sagt, ich will Plätzchen backen und benötige die Schale der Orange. Die Kinder schauen sich erstaunt an. Der Junge schlägt vor die Orange zuerst zu reiben und dann zu pressen (win-win). Das Mädchen schlägt die umgekehrte Reihenfolge vor, da sich die Orange mit Schale besser pressen und ohne Saft besser reiben lässt.
lose – englisch: verlieren
win – englisch: gewinnen
Diese kleine Geschichte zeigt, dass die Mediation eine Möglichkeit zur Streitbeilegung oder zur Vermeidung eines Konfliktes ist. Der Mediator unterstützt die Konfliktparteien dabei, zu einer einvernehmlichen Regelung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Dabei ist er allparteilich und macht keine eigenen Vorschläge oder gibt Bewertungen zu den Vorschlägen der Konfliktparteien ab. Durch den Mediator wird ein Rahmen für eine selbstbestimmte und einvernehmliche Konfliktregelung geschaffen.
Empfehlenswert im Zusammenhang mit der Mediation ist es auch, sich mit dem Gefangenendilemma zu beschäftigen.
Mediation bietet sich insbesondere für folgende Konfliktfelder an
Die Mediation läuft in verschiedenen Stufen ab
Zunächst wird den Konfliktparteien der Ablauf das Mediationsverfahrens erläutert und das weitere Vorgehen abgestimmt. Dazu wird eine Mediationsvereinbarung geschlossen.
In weiteren Schritten erkundet der Mediator die Themen des Konfliktes und erarbeitet mit den Konfliktparteien eine sinnvolle Reihenfolge, in der die Themen nachfolgend behandelt werden. Die Themensammlung wird meist noch im Laufe der Mediation ergänzt. Manche Themen erledigen sich aber auch dadurch, dass andere Themen geklärt sind.
Es folgt die zeitaufwendigste Phase, in der die Konfliktparteien ihre Sichtweise zu den einzelnen Themen darlegen und warum ihnen die einzelnen Positionen besonders wichtig sind.
In einer weiteren Phase werden Lösungsmöglichkeiten gesammelt. Der Mediator unterstützt die Konfliktparteien dabei, eigene Lösungen zu finden. Er sammelt die Lösungsvorschläge. Anschließend werden die Lösungsvorschläge durch die Konfliktparteien bewertet und eine gemeinsame Abschlussvereinbarung vorbereitet.
In der letzten Stufe werden die einzelnen Lösungsvorschläge für alle Themen noch einmal im Gesamtpaket betrachtet und zu einer abschließende Regelung formuliert.
Einige Anmerkungen
Der Begriff Mediation ist umgangssprachlich nicht so geläufig. Die Mediation wird gelegentlich mit der phonetisch ähnlich klingenden Meditation verwechselt. Meditation ist eine Entspannungsmethode. Sie hat nur bedingt etwas mit der Streitbeilegung zu tun.
Die Mediation ist auch kein „neumodischer Psychokram aus Amerika“. Es ist eine jahrhunderte alte Methode zur Konfliktbewältigung. Beispielsweise waren an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden von 1648 Mediatoren beteiligt. In der Gegenwart werden bei Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern zur Streikbeilegung bekannte Politiker als Mediatoren eingesetzt. Insoweit ist die Mediation eine geläufige Methode, obwohl sie in der Presse nicht so bezeichnet wird.