Der Ausgangsfall

Ein Geheimdienst hat im Krieg zwei Spione verhaftet. Die Höchststrafe für Spionage beträgt 15 Jahre. Die Vernehmungen gestalten sich schwierig.

Der Vernehmer von der Spionageabwehr macht den beiden Gefangenen folgendes Angebot, worüber sie eine Nacht nachdenken sollen:

Wer gesteht und den anderen Partner belastest kommt ohne Strafe davon. Der andere Partner muss die vollen 15 Jahre absitzen, wenn er nicht gesteht.

Wenn Ihr beide schweigt, haben wir genügend Indizienbeweise, um Euch beide für 1 Jahr einzusperren.

Wenn Ihr beide gesteht, müsst Ihr beide für 10 Jahre ins Gefängnis.

Die beiden Gefangenen werden in ihre Zellen verbracht und haben keine Möglichkeit, sich abzustimmen. Was wird passieren?

Man kann die Zahlen im o.g. Fall beliebig einsetzen oder den Fall auch auf beliebig andere Sachverhalte anwenden.

Ein Klassiker des Gefangenendilemmas sind Auktionen. Man kann den Preis gegenseitig hochtreiben und sich so gegenseitig schaden. Als Beispiel sei die Versteigerung der UMTS-Lizenzen genannt.

Noch deutlicher wird es bei Ausschreibungen um öffentliche Aufträge, wo der niedrigste Anbieter den Zuschlag erhält. In einer Region werden 8 Schulen zur Reinigung ausgeschrieben. Eine Reinigungsfirma kann nur eine Schule reinigen. In der ersten Runde nehmen 10 Reinigungsfirmen teil. Derjenige, der am knappsten kalkuliert, einen Dumpingpreis macht und so die Existenz seines Unternehmens gefährdet, bekommt den Zuschlag für die 1. Schule. Die anderen Teilnehmer müssen sich nun entscheiden, ob sie sich noch weiter unterbieten und 2 Firmen leer ausgehen oder alle höhere Preise bieten. Absprachen sind verboten.

Beim Spionagefall wäre die beste Entscheidung für beide Gefangenen, dass beide schweigen. Das machen sie aber nicht, weil sie nicht das Vertrauen haben, dass der andere auch schweigt. Außerdem haben sie die Chance freizukommen, wenn sie gestehen der andere schweigt. Der Egoismus wird siegen. Es werden beide gestehen und somit lange im Gefängnis sitzen.

Die Wissenschaft

Was hier von mir als Gefangendilemma völlig unvollkommen und vereinfacht dargestellt ist, damit beschäftigen Heerscharen von Wissenschaftlern. Insoweit verweise ich auf andere Seiten im Internet, die sich mit dem Gefangenendilemma wissenschaftlich auseinandersetzen.

Das Gefangenendilemma als Spiel

Man kann sich das Gefangenendilemma auch in Form eines Strategiespiels verdeutlichen. Zwei Spieler nehmen sich eine Tabelle und können zeilenweise abwechselnd AA oder AZ oder ZZ in die Zeilen eintragen. Sie dürfen sich nicht verständigen. Anschließend wird die Zeile ausgewertet und Punkte vergeben. Folgende Kombinationen sind möglich:

Spieler 1 Spieler 2 Punkte Spieler 1 Punkte Spieler 2
AA AA -20 -20
AA AZ +20 -20
AA ZZ +40 -40
AZ ZZ +20 -20
ZZ ZZ +20 +20

Dieses Spiel geht über mehrere Runden. Jede 5. Runde ist eine Bonusrunde, in der die Punkte mit 10 multipliziert werden. Man kann die Punkte und die Anzahl der Runden beliebig festlegen.

Was wird passieren? Nachfolgend einige Beispiele:

Beispiel 1 win-win

Spieler 1 Spieler 2 Punkte
Spieler 1
Punkte
Spieler 2
Summe
Spieler 1
Summe
Spieler 2
ZZ ZZ +20 +20 20 20
ZZ ZZ +20 +20 40 40
ZZ ZZ +20 +20 60 60
ZZ ZZ +20 +20 80 80
ZZ ZZ +200 +200 280 280

Beide zusammen haben 560 Punkte.

Beispiel 2 win-lose

Spieler 1 Spieler 2 Punkte
Spieler 1
Punkte
Spieler 2
Summe
Spieler 1
Summe
Spieler 2
AA ZZ +40 -40 40 -40
AA AZ +20 -20 60 -60
ZZ ZZ +20 +20 80 -40
ZZ AA -40 +40 40 0
AA ZZ +400 -400 440 -400

Beide zusammen haben 40 Punkte.

Beispiel 3 lose-lose

Spieler 1 Spieler 2 Punkte
Spieler 1
Punkte
Spieler 2
Summe
Spieler 1
Summe
Spieler 2
AA ZZ +40 -40 40 -40
ZZ AA -40 +40 0 0
AA ZZ +40 -40 40 -40
ZZ AA -40 +40 0 0
AA AA -200 -200 -200 -200

Beide zusammen haben -400 Punkte.

 

Gefangenendilemma und die Mediation

Bezogen auf das Strategiespiel merken beide, dass es besser wäre zu kooperieren. Bricht einer aus der Kooperation aus, erfolgt in der nächsten Runde eine Gegenreaktion (Wie Du mir, so ich Dir.) Man kann sich aber auch nicht auf die Kooperation verlassen und z.B. am Ende noch betrogen werden.

Wenn wie im Beispiel 1 beide Parteien einvernehmlich und fair miteinander umgehen, stehen beide am Ende gut da. Sie haben zwar bezogen auf die Person weniger Punkte als der Spieler 1 im Beispiel 2. Zusammen haben sie die höchst mögliche Punktzahl.

Beide zusammen haben die höchste Punktzahl, wenn die durchgängig ZZ spielen (win-win). Bricht einer aus (win-lose), so erfolgte eine Gegenreaktion die in der weiteren Folge beide zu Verlierern macht (lose-lose).

Der Mediator muss die Parteien dazu bringen, gegenseitig Vertrauen aufzubauen und sie dadurch in einen win-win Situation bringen.