Ein alter Brauch ist die Einberufung eines Jagdgerichtes. Haben sich Jagdteilnehmer kleinere Verstöße gegen das Brauchtum und die Sicherheit zuschulden kommen lassen, so haben sich diese vor dem Jagdgericht zu verantworten.
Die Jagdrichter sind Jäger aus den eigenen Reihen, die jagdlichenVerstöße in oft humorvoll erzieherischer Form rügen.
Drei angesehene Jäger werden schon bei der Vorbereitung der Jagd zum Richter berufen. Ein weiterer Jäger klagt die Verstöße an und ein Gerichtsbüttel schleppt die Angeklagten vor das Jagdgericht.
Es ist Sache der Richter, durch Humor und Witz die Sitzung zu einem heiteren Erlebnis für alle zu gestalten. Als Strafen kommen Geldspenden, Verwarnungen oder Auflagen in Betracht.
In den Jagdgerichten liegt eine gute, erzieherische Chance für alle, die meinen, Brauchtum und gutes Benehmen, tadelloses Auftreten und Verhalten wären heute nicht mehr nötig. Das Jagdgericht ist, wenn es angemessen und gekonnt abgehalten wird, ungemein unterhaltend.
Wir haben in unserem Hegering die Erfahrungen gemacht, dass seitdem das Jagdgericht konsequent abgehalten wird, sich die Sicherheit und die Disziplin erhöht haben und das Brauchtum wieder besser gepflegt wird.
In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass vor allem jagdrechtlich gravierendes Fehlverhalten nicht vor dem Jagdgericht verhandelt werden soll. Hier ist es Sache des Jagdherren bzw. des Jagdleiters gegebenenfalls noch während der Jagd den Jäger von der Jagd auszuschließen oder ein ernstes Gespräch mit ihm zu führen.
Die Verstöße gegen die allgemeine Ordnung vergisst man schnell. Das ist noch im Rausch des Abends erledigt. Bleibende Erinnerungen sind die Episoden, die das Leben schreibt:
- Zur Hubertusjagd hatte ein Waidgenosse vergessen, die Sommerzeit am Handy wieder zurückzustellen. Er gab eine Stunde zu früh das Signal „Hahn in Ruh“. Die Strafe war: Noch einmal Solo die Strecke zu verblasen.
- Ein junger Waidgenosse hatte ein Stück Schwarzwild erlegt. Alle wollten wissen, was er denn nun geschossen hatte. Er kam einfach nicht auf das Wort. Er stotterte vor sich hin und brachte dann „Übertreter“ statt „Überläufer“ raus. Hier war es schon Strafe genug, die Sache vor dem Jagdgericht angesprochen zu haben.
- Eine Waidgenossin kam zur Hubertusjagd im leuchtend, hellblauen Trainingsanzug. Sie verteidigte sich damit, dass die Signalwirkung hervorragend sei und die Sicherheit bei der Jagd vor das Brauchtum gehe. Die Anklage konnte nur eingestellt werden.
- Ein Waidgenosse hat nachträglich den Erlegerbruch auf dem Stück gedreht, nachdem er seinen Fehler bemerkt hatte. Bei einem männlichen Stück zeigt der Ast nach vorne und bei einem weiblichen Stück das Laub, bzw. die Nadeln. Er musste vor versammelter Jägerschaft erklären, warum er auf dem Streckenplatz eine Geschlechtsumwandlung vorgenommen hatte.
- Ein Jagdgenosse ist als Schütze durch das Schilf gegangen. Aus Sicherheitsgründen wird der Lauf dabei mit Klebeband zugeklebt, er nicht verunreinigt wird und beim Schuss explodiert oder aufbaucht. Das Klebeband hat nicht an der kalten Waffe gehalten. Da hat er ein Kondom über die Laufmündung gerollt. Er musste sich dann vor der Jägerschaft wegen Sittenverfall rechtfertigen.
- Ein Jagdhund hat einfach sein Bein gehoben und gegen den Stiefel eines Jagdrichters uriniert…..
Wem die Strafen zu hoch erscheinen, der kann sich durch das Erzählen von Jagdwitzen und Jägerlatein Strafmilderung verschaffen. Man kann auch die Strafen zur Bewährung aussetzen.
Ich habe es aber auch schon bei Jagdeinladungen erlebt, dass kein Standgeld erhoben wurde und sich alle Teilnehmer diszipliniert bei der Jagd verhalten haben. Stattdessen hat das Jagdgericht in humorvoller Weise Verstöße unterstellt und so indirekt das Standgeld kassiert. Das Standgeld dient u.a. dazu, die Treiber zu verpflegen. Wenn es nach einer Treibjagd zum Schüsseltreiben Erbsensuppe mit Bockwurst gibt, sind 10 Euro Standgeld pro Schütze durchaus angemessen, um die eigene Verpflegung und die der Treiber zu bezahlen. Da wurde z.B. kontrolliert, ob der Jäger grüne Unterwäsche an hat. Ein anderer Jäger wurde kritisiert, weil er sich im Regen untergestellt hat, die Treiber hingegen keine Möglichkeit dazu hatten. Dann wurde ein Schädel gefunden. Dem Gast wurde vorgehalten, nicht nur vorzeitig aufgebrochen zu haben, sondern nicht das Schüsseltreiben abgewartet zu haben und das Stück gleich verspeist zu haben. Er musste dann das Stück mit den 10 Euro abkaufen. Ein anderer Jäger (Förster) hat einen verkrüppelten Kiefernsetzling rausgezogen. Er wurde beschuldigt, die beste Furnierkiefer gefällt zu haben und musste neben einer Geldstrafe von 10 Euro den Setzling auf dem Streckenplatz wieder einpflanzen.